Anderbogen

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Der Ander entspringt - so vermuten die Geographen der Akademie von Metzarum - fern im Westen in den Wilden Landen. Doch kein Sterblicher hat jemals die Quellen des Anders erreicht, denn in den Wilden Landen sind Riesen und vielerlei andere Ungeheuer beheimatet. Die Priester freilich betrachten den Ander als das Geschenk Aedaris und leugnen den profanen Ursprung, der ohnehin unbewiesen ist. Der Fluss folgt zumindest seinem unbekannten Lauf durch das Land der Orks und Oger, durchbricht die Nebelberge und erreicht letztlich die Lande der Menschen. Hier biegt der Ander in einem Bogen nordwärts und umschreibt so besagte Landschaft. Der Anderbogen ist von grünen Auen gesäumt, von Äckern mit goldenen Ähren und manch bunten Blümlein.

Höre nun Wanderer! Über die Reiche am Anderbogen will ich berichten.

Gleich nördlich des Anders - im Westen noch in den Ausläufern der unheimeligen Nebelberge - liegt Erédia, ein Königreich vom alten Schlage. Die Herren und Frauen dort walten in einfältiger Treue zur Krone und trotzen dem Nachbarn im Osten und den Wilden im Westen.

Östlich erstreckt sich nämlich, gerade dort wo der Ander nordwärts Richtung Meer schwenkt, das Großherzogtum Lawegon, welches seit vielen Mannesaltern im Zwiste steht, da das Geschlecht der Großherzöge Thron und Krone Erédias für sich beansprucht. Die Lawegonier gleichen jedoch in Sitten und Glauben den Erédiern, auch wenn es beide gern und heftig bestreiten.

Gerade zwischen diesen beiden Reichen erheben sich die stolzen Mauern Fridislars. Die Stadt steht für sich und wird vom Senat der Bürger geleitet. Fridislar lebt vom Handel und hier kann allerhand Gestalten erblicken: Händler, Wanderer und Streuner aus den Winkeln der ganzen Welt. Die Bürger selbst sind hingegen Drakkmannen. Auch wenn es ihnen an Adel im Allgemeinen fehlt, mögt Ihr dort abseits der dunklen Gassen noch manche fromme Seele treffen.

Südlich des Anders jedoch herrschen andere Sitten. Seit die Alisier dort in Friedrichstein eingefallen sind, haben sich die Unsitten der ketzerischen Südlinge breit gemacht. Als noch der Sultan von Alisien über jenes Gebiet herrscht, verachteten die verblendeten Friedrichsteiner das Drakkmannische Pantheon und huldigten der Gottheit Alisiens. Obwohl nun das Großherzogtum Lawegon vor kurzem jenes Land befreit hat, haben sich noch viele Unarten der Alisier gehalten. Die Alisier ihrerseits sind da gänzlich anderer Meinung und halten wenig von unserer Seite des Flusses, wo ein einzelner Mann zu vielen Göttern betet und dabei nicht einmal einen Turban trägt.

Weiter nördlich trennt der Ander Lawegon von der Nördlichen Steppe. Dort leben wilde Barbarenvölker, die sich selbst Traven nennen. Was bei den Erédiern und Lawegoniern gezähmt und kalt ist, ist bei den Traven wild und feurig. Frei von Zwang und Steuer und nur Treu und Glauben Untertan, durchziehen sie die öde Steppe. Doch weiter westlich – gleich nördlich von Erédia – haben mehrere Travenstämme ein eigenes Fürstentum gegründet.